Stell Dir vor, Du entdeckst an Dir Fähigkeiten oder Eigenschaften, die Du Dir Dein ganzes Leben lang von ganzem Herzen gewünscht hast. Fähigkeiten die Dir bis dahin nie aufgefallen sind. Zum Beispiel ein Charisma, daß Dir alle anderen zu Füßen liegen läßt und gleichzeitig das Wissen darum, wie man sein Gegenüber so sehr manipulieren kann, daß er oder sie völlig entgegen seinem Wesen handelt.
Stell Dir vor Du kannst diese Fähigkeiten weiter ausbauen und entwickeln für den Fall, daß Dir eines Tages wieder die Menschen über den Weg laufen die Dich als Kind so verletzt und gequält haben. Ob sie es wirklich getan haben, oder ob es nur Deine verschommene Erinnerung ist, die Dich dies glauben läßt ist unwichtig. Ob es andere Kinder oder Erwachsene waren ist genauso wenig relevant.
Doch irgendetwas hält Dich davon ab diese Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Irgend etwas sagt Dir, Du müsstest dafür einen noch nicht genannten Preis zahlen. Zugleich erlebst Du einen Vorgeschmack auf das, was sein könnte. Fremde vertrauen sich Dir an, viele neue Bekannte scheinen Dich zu verehren. Du bist unentschlossen, denn auch wenn Du nicht vorhast irgend jemandem zu schaden sind es nützliche Fähigkeiten. Es tut Deinem Ego gut...
Du bist kurz davor zu sagen: was soll es? Es kann nicht schaden.
Dann kommt der Traum: Eine lange gerade Allee, eine Straße, die Du sehr gut kennst und häufig befährst. Du bist mit einem Freund / einer Freundin nach einer stürmischen Nacht unterwegs. Immer wieder lösen sich noch Äste von den mitgenommenen Bäumen und krachen auf die Straße. Du hast alle Hände voll zu tun ihnen auszuweichen, verminderst aber nicht die Geschwindigkeit. Dein Beifahrer bittet Dich anzuhalten, doch Du meinst nur er / sie solle sich nicht so aufregen. Es sind ja nur tote Äste und außerdem hast Du ja alles unter Kontrolle. Dann werden die Äste immer dicker, bis zum Schluß ganze Bäume auf der Straße liegen. Manchen kannst Du ausweichen, anderen nicht. Doch Du trägst nie Schaden davon. Mittlerweile möchtest Du selber anhalten, da Dir etwas mulmig wird, doch es geht nicht. Statt dessen beschleunigt Dein Wagen immer weiter. Und dann sind anstelle der Bäume Gruppen von Kindern auf der Straße. Nachdem Du einer dieser Gruppen nicht mehr ausweichen konntest kommst Du endlich zum Stehen. Du spürst unsäglichen Schmerz, willst schreien: Mein Gott, was habe ich getan? doch kein Wort kommt von Deinen Lippen. Stumm wachst Du auf und weißt genau: nun kenne ich den Preis.
Kurz danach versuchst Du einen Freund aufzumuntern. Doch das Gespräch entwickelt sich zu einer Diskussion in der Du Dich nicht so verhältst wie Du es kennst. Du möchstest einen Streit verhindern, aber den Freund auch nicht manipulieren und brichst ab, betest für den Freund. In Freundschaft geht ihr auseinander und wisst, eure Freundschaft ist nicht zerbrochen. Auf der Heimfahrt läßt Du Dich von einem drängelnden Wagen, wieder entgegen Deiner Gewohnheit, auf nasser Fahrbahn zu einer höheren Geschwindigkeit treiben. Die nächste Kurve bekommst Du fast nicht und der entgegenkommende Autofahrer fährt weiter und scheint Dich nicht einmal zu bemerken. Du weisst, einen Augenblick später zum Stehen gekommen und Du wärst nicht mehr aus dem Wagen gestiegen. Und dann fragst Du Dich warum Du stehst... Schließlich ist die Fahrbahn nass. Du hättest ins Schleudern kommen müssen... Statt dessen bist Du dem Unfall entgangen und kannst mit heiler Haut weiterfahren.
Wie würdest Du reagieren, wenn es Dir so ergehen würde?
Würdest Du dennoch Deine neuen Fähigkeiten weiterentwickeln, oder lieber so weiterleben wie bisher und in Kauf nehmen, daß nur Deine engsten Freunde und Dein Partner Dich verstehen und so lieben wie Du bist?
Könntest Du Dich vor der Warnung im Traum verschließen? Vor allem wenn Du Kinder von Herzen liebst und Dich in der Jugendarbeit engagieren willst?
Könntest Du den Beinahe-Unfall anders werten als einen Angriff auf Dich, weil Du Deine Fähigkeiten nicht angewendet hast? Und Dein Davonkommen anders als ein Eingreifen Gottes oder eines seiner Engel?
Ich kann es nicht. Ich lese den Traum als Warnung und den Unfall als eine Art Zweikampf um meine Seele. Ein Kampf, den ich nur überlebt habe, weil ich Jesus als meinen Herrn angenommen habe. Er hat mich freigekauft, er hat sich dazwischengestellt als es brenzlig wurde. Und dafür danke ich von ganzem Herzen.
© µ